Gaslighting: So erkennst du an dir selbst, ob du gegaslightet wirst

Gaslighting ist häufig nur schwer auszumachen. Warum ist das so? Und inwiefern kannst du nicht nur durch das Reden und Handeln eines anderen Menschen erkennen, ob du gegaslightet wirst, wie ich hier beschrieben habe? Welche typischen Anzeichen kannst du an dir selbst beobachten, und so feststellen, ob du gegaslightet wirst?

Was Gaslighting ist, warum es so heißt und woran du es an einem anderen Menschen erkennen kannst, wenn dieser dich gaslightet, habe ich in diesem Artikel beschrieben: „Was ist Gaslighting und woran kannst du es bei einem Menschen erkennen?“ Kennst du diesen Artikel noch nicht, solltest du ihn auf jeden Fall auch noch lesen, um Gaslighting früher erkennen zu können und zukünftig möglichst nicht mehr darauf hereinzufallen.

Warum wir Gaslighting oft nur schwer erkennen können

Wirst du gegaslightet, kann es sehr gut sein, dass du es zunächst gar nicht bemerkst. Vielleicht kommst du dahinter, dass es bei deinem Gegenüber immer wieder Ungereimtheiten und Widersprüche gibt. Oder du bemerkst, dass dich dein Gegenüber immer öfter kritisiert, dich belehrt, dich angreift oder deine Gefühle ins Lächerliche zieht. Vielleicht hast du das bislang aber alles noch nicht mitbekommen und deshalb auch kein Muster dahinter erkennen können.

Das ist ganz normal. Denn wir geben unseren Mitmenschen meist einen Vertrauensvorschuss. Wir gehen in der Regel davon aus, dass sie uns nichts Böses wollen. Dass sie sich uns gegenüber normal verhalten werden, also bei Zuneigung positiv und bei Abneigung weitgehend desinteressiert und neutral. Zeigt dann jemand Zugewandtheit und Interesse, reagieren wir entsprechend und öffnen uns diesem Menschen gegenüber bis zu einem gewissen Grad.

Toxische Personen bedienen sich häufig der Methode des Love-Bombings Fragezeichen © Toxiversum, um möglichst schnell möglichst viel über ihr Opfer zu erfahren, ihm möglichst schnell nahe zu kommen und sich sein Vertrauen erschleichen zu können. Dass sie ihr Opfer schon von Anfang an zu diesem Zweck gaslighten, bemerkt das Opfer meist nicht. Oder wenn es etwas bemerkt, reagiert der toxische Mensch sofort darauf und zerstreut die Bedenken durch weiteres Love-Bombing.

Nicht aushalten, sondern genau hinschauen

Hast du schon länger eine Beziehung zu einem toxischen Menschen, dann wirst du vielleicht bemerken, dass etwas nicht stimmt, aber du kannst nicht genau sagen, was es ist. Du lässt es laufen mit dem Gedanken „dieser Mensch ist halt so, das muss ich eben aushalten“. Daher ist es ein gutes Hilfsmittel für dich selbst (aber auch für andere, bei denen du glaubst, dass sie gegaslightet werden), einmal anzuschauen, welche Auswirkungen Gaslighting auf dich (oder die betreffende Person) haben kann. Denn die können gravierend sein. Wie ich schon in dem Artikel „Was ist Gaslighting und woran kannst du es bei einem Menschen erkennen?“ schrieb:

Gaslighting „zielt direkt auf den innersten Kern deines Selbst, das sie angreifen, aushöhlen und deaktivieren wollen. Damit beeinträchtigen sie einige deiner wichtigsten Stützen, die du brauchst, um gut durchs Leben zu kommen: deine Wahrnehmung, deine Intuition und dein Selbstbewusstsein.“

Allerdings gibt es eine Möglichkeit, die Manipulationen durch einen toxischen Menschen an dir selbst zu erkennen: an deiner Wahrnehmung und deinem Denken, deinen Gefühlen und deinem Verhalten.

Wie immer bei dem Versuch zu erkennen, ob du es mit einem toxischen Menschen zu tun hast oder einfach „nur“ einem schwierigen Menschen, gilt: Ein einziges Merkmal macht noch kein Gaslighting. Es braucht immer mehrere solcher Merkmale, und sie müssen immer im zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit dem Einfluss eines toxischen Menschen auf dich stehen.

Viele der hier genannten Merkmale können allerdings auch ganz andere Ursachen haben. Diese solltest du in jedem Fall medizinisch und/oder in einer Psychotherapie abklären.

Gaslighting: Daran kannst du es bei dir selbst erkennen

Die folgenden typischen Merkmale von Opfern in ihrem Denken, Verhalten, Fühlen und ihrer Wahrnehmung, die auf dem Gaslighting eines anderen Menschen beruhen, sind hier in keiner bestimmten Reihenfolge aufgelistet.

  1. Du hinterfragst dich sehr oft, meist sehr viel öfter als je zuvor.
  2. Du zweifelst (immer stärker) an deiner Wahrnehmung, deiner Fähigkeit, Dinge einzuordnen, und an deinen Gefühlen.
  3. Du glaubst, du seist zu empfindlich, paranoid und würdest immerzu übertreiben.
  4. Du glaubst, du seist psychisch instabil und bräuchtest therapeutische Hilfe.
  5. Du bist immer wieder verwirrt, kannst dir auf bestimmte Vorkommnisse oder auf Dinge, die ein bestimmter Mensch sagt, keinen Reim machen.
  6. Du hast das Gefühl, du verstehst dich selbst nicht mehr. Du denkst und handelst ganz anders als früher.
  7. Du hast auch das Gefühl, dass du dich selbst nicht mehr erkennst. Du bist nicht mehr so lebenslustig, spontan und fröhlich wie früher, sondern spürst eine Schwere auf deinen Schultern, die dich niederdrückt.
  8. Du traust deiner Intuition nicht mehr.
  9. Du hast das Gefühl, dass du dich selbst nicht mehr spüren kannst.
  10. Du hast Schwierigkeiten, selbst ganz einfache Entscheidungen zu treffen.
  11. Du hast zunehmend Schwierigkeiten, dich korrekt an Dinge zu erinnern. Selbst etwas, das gerade erst geschehen ist, erscheint dir unklar. Hast du den Brief wirklich in den Mülleimer geworfen, anstatt ihn diesem Menschen auf den Schreibtisch zu legen? Hast du ernsthaft Kirschen gekauft, obwohl er explizit Erdbeeren haben wollte? Sind deine Dateien im Computer verschwunden oder hast du sie vielleicht nur falsch abgelegt? Dies verwirrt dich alles immer mehr.
  12. Du tust nach außen hin so, als sei alles in Ordnung zwischen dir und diesem betreffenden (toxischen) Menschen.
  13. Du erzählst anderen nur sehr selektiv etwas über deine Beziehung. Du erzählst nur die tollen, positiven Dinge und lässt die negativen aus, weil du dir selbst die Schuld dafür zuschreibst und dich dafür schämst.
  14. Du entschuldigst das Verhalten dieses Menschen anderen gegenüber immer wieder oder hast das Gefühl, das sei deine Aufgabe oder Pflicht.
  15. Du entschuldigst dich sehr oft bei diesem Menschen für ein Verhalten, das er kritisiert. Egal, ob du dein Verhalten völlig in Ordnung findest oder nicht. Und du entschuldigst dich immer öfter auch für ganz normale Dinge, weil du glaubst, dass sie ihn stören, verletzen oder wütend machen könnten.
  16. Du entschuldigst dich jetzt auch sehr häufig bei anderen Menschen für dein Verhalten. Oft sogar vorauseilend, bevor die dich überhaupt kritisiert haben. Und vielleicht sogar, obwohl du bislang ganz sicher warst, dass sie das niemals kritisieren würden.
  17. Du bist sehr vorsichtig im Umgang mit diesem Menschen geworden.
  18. Du hast keine Hoffnung mehr, dass du je genug für diesen Menschen sein wirst. Dass er je aufhören wird, dich für deine (angeblichen) Unzulänglichkeiten zu kritisieren. Dass du ihn deshalb auf Dauer enttäuschen wirst.
  19. Dein Alltag ist ziemlich freudlos geworden. Du kannst dich nicht mehr aufrichtig über schöne Dinge freuen. Oder wenn doch, dann ist diese Freude recht flach und kurzlebig geworden.
  20. Du merkst, dass du trotz deines Erfolgs in Beruf oder Hobby, trotz deiner positiven Freundschaften, trotz deiner tollen Familie irgendwie nicht glücklich bist. Dass dich überhaupt nichts mehr glücklich macht, außer einem Lob von diesem Menschen.
  21. Du machst deine Ansichten über dich selbst davon abhängig, wie positiv oder negativ dieser Mensch dich sieht.
  22. Du sprichst diesem Menschen gegenüber immer seltener oder gar nicht mehr über dich selbst, deine Wahrnehmungen, deine Gefühle.
  23. Du hast Angst davor, Fehler zu machen. Selbst kleinste Fehler wie die falsche Nudelsorte einzukaufen oder die falschen Worte zu benutzen. Das kommt nämlich ziemlich häufig vor.
  24. Du hast das Gefühl, du kannst diesem Menschen nichts mehr recht machen.
  25. Du hast begonnen, diesem Menschen nur noch die Hälfte oder kleine Notlügen zu erzählen, um nicht wieder von ihm angegriffen, kritisiert oder herabgewürdigt zu werden.
  26. Du hast das Gefühl, du bist nicht gut genug für diesen Menschen. Und nichts, was du sagst und tust, ist gut genug für ihn.
  27. Du fühlst dich immer öfter unfähig und wertlos.
  28. Du schämst dich, weil du offenbar so unzulänglich bist, dass es diesem Menschen peinlich ist, mit dir zusammen gesehen zu werden.
  29. Warst du früher normal selbstbewusst, ist von diesem Selbstbewusstsein kaum noch etwas übrig. Du bist ein Schatten deiner selbst.
  30. Du fühlst dich in schwierigen Situationen allein gelassen, obwohl dieser Mensch behauptet, immer für dich da zu sein.
  31. Du fühlst dich in Anwesenheit dieses Menschen übervorsichtig und wie gelähmt. Kaum ist er weg, kehren deine Lebensgeister wieder zurück. Oder du bist so erschöpft, dass du dich erst einmal hinlegen musst.
  32. Du hast das Gefühl, dich ganz oft rechtfertigen oder deine Gedanken und dein Handeln erklären zu müssen. Doch davon wird nichts besser – im Gegenteil, es scheint die Situation nur noch zu verschlimmern.
  33. Deine Gedanken kreisen ständig um diesen Menschen. Um das, was er gesagt und getan oder nicht gesagt und nicht getan hat. Darum, wie du am besten darauf reagieren kannst. Und wie du dich am besten verhalten kannst.
  34. Du kommst kaum noch zur Ruhe, schläfst unruhig, fühlst dich gestresst und am Ende deiner Kräfte.

Dafür, dass du vielleicht viele oder sogar all diese oben beschriebenen Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen an dir beobachtest, kannst du überhaupt nichts, wenn du es mit einem toxischen Menschen zu tun hast. Denn was du vielleicht in diesem Moment, in dem du dich hier wiedererkennst, nicht weißt, ist: Dieser Mensch hat dir all das eingeflüstert. Er hat dich ganz gezielt verunsichert und aus dem Lot gebracht. Er hat dir eingeredet, dass du zu nichts nutze bist, dass du nichts kannst und nichts weißt. Und dass du am besten den Mund halten und einfach das tun solltest, was er sagt. Doch selbst dann ist ihm so gut wie nichts recht – auch das ganz bewusst.

Dass dir dies passiert ist, ist auch absolut kein Grund, dich dafür zu schämen – im Gegenteil. Du kannst stolz auf dich sein, dass du überhaupt noch so gut zurande bist, wie du es bist. Dass du diesen ganzen Mist bislang ertragen hast. Und es gibt Möglichkeiten, die ganzen Manipulationen, die du in der Zeit mit dem toxischen Menschen verinnerlicht hast, wieder loszuwerden und umzukehren. Es gibt Möglichkeiten, dein altes fröhliches Selbst wieder ans Tageslicht zu holen. Vielleicht wirst du das nicht alleine schaffen, aber mit fachkundiger Begleitung, die sich mit toxischen Menschen und Traumata auskennt, hast du in der Regel sehr gute Chancen, dein Leben endlich wieder frei zu genießen!

Möchtest du wissen, was du gegen Gaslighting tun kannst? Dann findest du einige Tipps in diesem Artikel (P): „Was kannst du tun, wenn du selbst von Gaslighting betroffen bist?“.

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