Selbst-Gaslighting: Was ist das?

Selbst-Gaslighting ist ein Begriff, den wir viel seltener lesen als den Begriff Gaslighting. Dabei ist das Verständnis des Selbst-Gaslightings mindestens genauso wichtig wie die Erkenntnis des Gaslightings. Aber was genau ist Selbst-Gaslighting?

Gaslighting ist eine Methode toxischer Menschen, mit der sie versuchen, ihr Opfer so sehr zu verwirren und zu manipulieren, dass es seiner eigenen Wahrnehmung und seinem eigenen Erleben nicht mehr traut. Es bekommt dadurch Zweifel an seinem eigenen Verstand und an allem, was es bislang für real und wahr hielt. Deshalb richtet es sich zunehmend nach dem toxischen Menschen, von dem es annimmt, dass er real und irreal, wahr und unwahr auseinanderhalten kann. Und dass er es gut mit ihm meint.

Self-Gaslighting ist etwas anderes als Gaslighting

Selbst-Gaslighting geht noch einen Schritt weiter. Hier wiederholt das Opfer nämlich innerlich das, was der toxische Mensch immer wieder gesagt hat. So lange, bis es glaubt, dies sei die Wahrheit. Das können Selbstbeschimpfungen sein („Ich bin so dumm!“), aber auch Glaubenssätze („Ich bin so hässlich!“). Der toxische Mensch sät bei seinem Opfer auf diese Weise Selbstzweifel, Selbstablehnung und -verleugnung. Auf Dauer löst er damit eine zunehmende Ohnmacht aus, Dinge selbst und aktiv in die Hand zu nehmen. All das führt zu einem schleichenden Verlust der eigenen Identität. Manche Kinder, die mit einem toxischen Elternteil aufwachsen, haben keine Möglichkeit, eine vollständige eigene, unabhängige Identität zu entwickeln. Denn sie kennen womöglich gar nichts anderes als das Gaslighting des toxischen Menschen und das deshalb auch als ganz normal empfundene Selbst-Gaslighting.

Beides zusammen, das Gaslighting durch den toxischen Menschen und das Selbst-Gaslighting durch Beschimpfungen und Glaubenssätze, kann einen so starken Sog entwickeln, dass viele Opfer – insbesondere die, die ein toxisches Elternteil hatten – lange Zeit wie mit angezogener Handbremse leben. Dass sie kein eigenes Leben führen, sondern sich auch noch Jahre später innerlich immerzu unbewusst an den aufgezwungenen Sätzen ausrichten.

Damit sabotiert nicht nur das Gaslighting, sondern auch das Selbst-Gaslighting ihre Entwicklung, ihre Fortschritte und ihr Leben, ohne dass sie sich dessen bewusst sind.

Diese Sätze solltest du aus deinem Wortschatz streichen

Hast oder hattest du es mit einem toxischen Menschen zu tun, dann wirst du womöglich solche gedanklichen Muster von dir bereits kennen:

  • Das kann ich nicht. Ich kann einfach gar nichts.
  • Ich bin einfach zu dumm.
  • Ich bin ein schlechter Mensch.
  • Das schaffe ich nie.
  • Ich bin hässlich/zu dick/zu dünn/zu laut/zu leise usw.
  • Immer baue ich solchen Mist.
  • Es ist sicher meine Schuld, ich mache ja immer alles falsch.
  • Da habe ich mal wieder überreagiert.
  • Ich bin einfach zu empfindlich.
  • Das habe ich schon wieder falsch verstanden.
  • Mit mir stimmt etwas nicht.
  • Ich bin so feige.
  • Warum mache ich immer so ein Drama aus allem?
  • Kein Wunder, dass ich keine … (* Freund:innen/Partner:in/gute Arbeit/schöne Wohnung usw.) habe!
  • Das geschieht mir ganz recht.

Dies sind nur einige wenige Beispiele für meist unbewusst übernommene Beschimpfungen und Glaubenssätze. Sie können mit der Zeit das eigene Erleben der Persönlichkeit, des Könnens und Tuns des Opfers und seine eigene Wahrnehmung ausradieren, um sie mit den ständigen Manipulationen, Abwertungen und Demütigungen des toxischen Menschen zu überschreiben. Meistens trifft nichts davon tatsächlich zu. Denn typische Opfer sind nicht so, wie toxische Menschen sie gerne darstellen (wie sie sind, kannst du unter „Wer wird eigentlich Opfer von toxischen Menschen?“ nachlesen).

Was kannst du gegen das Selbst-Gaslighting tun?

Ertappst du dich dabei, dich selbst zu gaslighten, dir also immer wieder einige dieser Sätze zu sagen, kann es hilfreich sein, innezuhalten und dich zu fragen, woher der jeweilige Satz tatsächlich kommt. Und, wenn er nicht von dir selbst kommt, warum du ihn dir immer wieder sagst. Vielleicht kannst du all diese Sätze dann nach und nach durch andere ersetzen, die dir ein positiveres, ermutigenderes Bild von dir selbst geben und die Handbremse lösen können, jedesmal ein bisschen mehr.

Sollte das nicht sofort klappen, wäre das ganz normal. Ärgere dich nicht darüber. Es braucht Zeit, solche Worte aus dem Kopf und dem Herzen herauszubekommen und durch positive, dir selbst -zugewandte und liebevolle Gedanken zu ersetzen.

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