Red Flags/toxische Warnsignale: Widersprüchliche Signale

Widersprüchliche Signale zu geben, ist eine Methode toxischer Menschen, die dich schon von Anfang an verwirren soll. Was für Signale können das sein? Wann genau setzen toxische Menschen sie ein und warum tun sie das überhaupt? Und welche Folgen können diese widersprüchlichen Signale für dich haben? Denn eins ist sicher: Harmlos sind sie nicht.

Das Signet vom Toxiversum mit einem kleinen SendemastenDieser Text ist ein leicht angepasstes Transkript der Red-Flags-Podcast-Folge „Widersprüchliche Signale“ die du dir hier anhören kannst.

Möchtest du wissen, wie du dich bei widersprüchlichen Signalen schützen kannst, dann findest du hier einen Artikel dazu (P).

Widersprüchliche Signale von toxischen Menschen

Toxische Menschen lieben es, uns widersprüchliche Signale zu geben. Sie bringen uns damit immer wieder in gegensätzliche Situationen, die uns sehr verwirren. Sie ergeben meistens absolut keinen Sinn. Und wir können gar nicht glauben, was da gerade passiert ist.

Manchmal haken wir nach, bekommen aber keine klare oder nachvollziehbare Antwort. Manchmal grübeln wir schier endlos darüber nach. Und manchmal lassen wir es scheinbar einfach laufen. Aber in Wirklichkeit packen wir das Erlebte auf ein „Regal“ im Hinterkopf.

Dieses Bild von einem Regal nach Dr. Janja Lalich habe ich schon einige Male erwähnt. Es ist wie ein Kellerregal: Da packen wir alles rein, das wir jetzt nicht erklären oder lösen können und das wir uns deshalb später nochmal vornehmen wollen. Aber dann kommen wir nie dazu. Und so häuft sich das Zeug in diesem Regal, bis es eines Tages unter der Last zusammenbricht. Wenn er stattfindet, dann ist dieser Zusammenbruch der Moment, in dem wir erkennen, womit wir es bei diesem Menschen zu tun haben: nämlich mit toxischer Gewalt. Und zwar meistens schon von Anfang an in der Beziehung.

Zu dieser Gewalt gehören auch die widersprüchlichen Signale. Ich sagte eben schon, diese Signale toxischer Menschen bringen uns in gegensätzliche Situationen, die keinen Sinn ergeben und uns deshalb sehr verwirren.

Was für widersprüchliche Situationen können das sein?

Ich gebe dir mal ein paar Beispiele. Du lernst jemanden kennen und ihr habt scheinbar ziemlich schnell einen richtig guten Draht zueinander. Vielleicht trefft ihr euch häufig oder schreibt einander ständig Nachrichten. Der Kontakt ist sehr eng, er ist toll und er ist auch schon sehr vertraut. Du hast den Eindruck, dass aus dieser Bekanntschaft schon bald eine längerfristige Beziehung wachsen könnte. Vielleicht schmiedet ihr schon gemeinsame Pläne oder ihr seid schon ein Paar. Und dann herrscht plötzlich Funkstille. Dieser Mensch reagiert nicht mehr auf deine Nachrichten. Nicht mal dann, wenn du ihn anflehst, sich zu melden. Da kommt nichts. Und du weißt überhaupt nicht, was da los ist. Erst recht nicht, wenn du sehen kannst, dass dieser Mensch deine Nachrichten liest, aber nicht mehr darauf antwortet. Diese plötzliche Funkstille ist eine Red Flag für sich (s. dazu auch Red Flags/toxische Warnsignale: plötzliche Funkstille).

Aber vielleicht herrscht keine totale Funkstille, nur verschwindet dieser Mensch dauernd und bleibt nur ganz vage mit seinen Angaben, wo er jetzt schon wieder hin will oder wo er gewesen ist. Er haut immer wieder ab, obwohl er dir gesagt hat, dass er alle Zeit am liebsten nur mit dir verbringen würde, weil er von dir gar nicht genug bekommen könnte. Und du hast vielleicht extra für ihn deine Aktivitäten reduziert oder ganz gestrichen.

Oder ein Mensch lässt sich immer sehr viel Zeit mit seinen Antworten auf deine Nachrichten, manchmal sogar ein paar Tage. Und er findet das total normal und in Ordnung. Wenn du dir aber auch mal mit deinen Antworten auf seine Nachrichten Zeit lässt, dann belagert er dich so lange mit Nachrichten und Anrufen, bis du endlich reagierst. Oder er verlangt sofort wütend von dir, dass du endlich antwortest. Womöglich beschimpft er dich auch noch.

Oder erst ist in deiner Beziehung alles positiv, dann kommt plötzlich dauernd Kritik an dir. Erst sagt dieser Mensch: „Du bist so toll, bitte ändere dich niemals!“ Und dann sagt er plötzlich: „Du bist einfach nur dumm und unfähig! Ändere dich gefälligst, sonst beende ich die Beziehung!„ Vielleicht ist da erst große Wärme und Nähe, aber dann plötzlich Kälte und Distanz.

Oder erst verspricht dir ein Mensch etwas, z. B. eine Therapie wegen seiner Wutausbrüche oder Depressionen zu machen, aber dann macht er sie nicht.

Oder du möchtest zu einer Party von deinem alten Freundeskreis fahren und dieser Mensch sagt erst zu. Aber dann sagt er ganz kurzfristig wieder ab, sodass du entweder alleine fahren musst oder auch deinen Besuch ganz absagst. Und das passiert immer wieder, gerade wenn es um dein Umfeld geht. Während er Treffen mit seinem eigenen Umfeld immer wahrnimmt.

Vielleicht verspricht dir dieser Mensch auch, in guten wie in schlechten Zeiten immer an deiner Seite zu stehen. Aber wenn du ihn wirklich mal brauchst, ist er nirgendwo zu finden. Überhaupt verspricht dir dieser Mensch immer wieder etwas und hält es dann nicht ein. Das gehört zu der Methode des Future-Fakings, über die ich in einer früheren Folge schon gesprochen habe. Future-Faking bedeutet, dass dieser Mensch dir eine Zukunft verspricht, die es so nie geben wird, weil er nie vorhat, sich an seine Zusagen und Versprechen zu halten. Den Text zum Future-Faking findest du hier und den Text, wie du dich vor Future-Faking schützen kannst, hier (P).

Ein anderes Beispiel für widersprüchliche Signale ist, dass ein Mensch dir schwört, dass er dich liebt. Aber dann wachst du mitten in der Nacht auf, weil er seine Hände um deinen Hals drückt oder weil er dich schlägt oder anderes. Das ist, nebenbei, strafbare Gewalt.

Oder dieser Mensch sagt dir, dass er dich liebt, aber dann stalkt er dich und hört einfach nicht damit auf. Auch das ist Gewalt und strafbar. Er hört vielleicht auch dann nicht auf, wenn du ihn darum bittest oder wenn du die Polizei bereits eingeschaltet oder Anzeige erstattet hast. Bist Du eine Frau und dieser Mensch ein Mann, kann das für Dich sogar lebensgefährlich sein. Lass deshalb nach Möglichkeit niemals zu, dass Du mit einem solchen Menschen, der Dich stalkt, alleine bist, z. B. zu einer angeblich letzten Aussprache. Hier findest du mehr zur häuslichen Gewalt, zur Nachtrennungsgewalt, zu Femiziden und zu deinem Schutz bei Nachtrennungsgewalt (P).

Widersprüchliche Signale bekommst Du aber auch von anderen Menschen. Zum Beispiel ist jemand total freundlich zu dir, aber dann erfährst du, dass dieser Mensch hinter deinem Rücken über dich hergezogen hat.

Oder jemand beschimpft und belügt dich. Und hinterher behauptet dieser Mensch, das sei nie passiert, das habe er nie getan. Das gehört zu der Methode des Gaslightings. Gaslighting heißt, dass dir jemand deine Wahrnehmungsfähigkeit, deinen Instinkt, deine Erfahrungen, deine Expertise und deine Intelligenz abspricht, um all das durch seine Manipulationen zu ersetzen.

Es ist bei toxischen Menschen auch üblich, dass ihre Worte nicht ihren Taten entsprechen. Sie sind z. B. total ungerecht, behaupten aber die gerechtesten Menschen überhaupt zu sein. Oder du hast vielleicht einen Freund, der immer wieder betont, er liebe die Frauen. Aber dann zieht er über manche Frauen her, unterstellt ihnen, „wohl ihre Periode zu haben“, um sie herabzuwürdigen. Oder er sagt pauschalen Schwachsinn, wie sie seien „anstrengend“, „viel zu fordernd“, „immer so emotional“. Oder er nennt sie gleich „hysterisch“, was alles sehr, sehr frauenfeindlich ist.

Toxische Menschen messen auch gerne mit zweierlei Maß. So sagt dir ein solcher Mensch z. B., du seist zu dick und sähst furchtbar aus, obwohl du in Wirklichkeit, und das sagen dir auch deine Freundinnen, fantastisch aussiehst. Und die Aussagen des toxischen Menschen stehen oft im krassen Gegensatz zu seinem eigenen Aussehen und Übergewicht.

Viele toxische Menschen äußern dir gegenüber auch kaum verhohlene, massive Kritik. Aber dann behaupten sie, es sei „nur ein Witz“ gewesen und du solltest „dich mal locker machen“.

Oder dieser Mensch beschreibt sich als großen Freund jüdischer Menschen, aber gibt ihnen dann ganz pauschal eine Mitschuld am Holocaust, die sie natürlich nie hatten. Oder er beschreibt sich als politisch in der Mitte verortet oder etwas rechts von der Mitte. Aber dann zitiert er Nazis, hetzt pauschal über Geflüchtete und wählt rechtsextrem. Diese ganzen letzten Beispiele zählen übrigens alle zum Gaslighting.

Leider kannst du sogar von deinen Eltern widersprüchliche Signale bekommen. Da sagt ein toxisches Elternteil z. B.: „Du siehst einfach toll aus!“ Aber dann kritisiert es dein Äußeres immer wieder auf verletzende Weise.

Oder ein Elternteil sagt immer wieder, wie lieb es sein Kind angeblich hätte. Aber dann ist es nie für das Kind da, weil andere Menschen und Dinge immer wichtiger sind als das Kind. Oder solche Elternteile bringen ihr Kind nach einem Besuch nicht zum sorgeberechtigten Elternteil zurück oder entführen es in andere Länder oder an einen unbekannten Ort, um sich an dem anderen Elternteil zu rächen – ohne jede Rücksicht darauf, was das mit dem Kind macht, das sie angeblich so sehr lieben.

Es kann aber auch vorkommen, dass du deinen Schulabschluss z. B. mit einer Drei oder Vier geschafft hast. Dann erzählt dein Elternteil überall herum, dass du den Abschluss mit einer Zwei geschafft hättest. Und am Ende bestraft es dich zu Hause dafür, dass es eben doch keine Zwei geworden ist.

Oder dein Elternteil sagt dir immer wieder: „Du bist erwachsen, du triffst deine Entscheidungen selbst.“ Und dann redet es dir trotzdem in jede deiner Entscheidungen rein und bevormundet dich.

Im Freundeskreis kann dir so etwas auch passieren. Da sagt dir z. B. eine Freundin, du seist ihr bester Freund. Und du bist auch wirklich immer für sie da, wie sich das für beste Freund:innen gehört. Aber eines Tages, ganz plötzlich, bricht sie den Kontakt einfach ab. Sie reagiert überhaupt nicht mehr auf deine Anrufe oder Nachrichten. Und lauft ihr euch zufällig über den Weg, dann kommt von ihr vielleicht höchstens ein müdes „Hallo“, und sie geht einfach weiter.

Oder dein Arbeitgeber sagt dir, er habe jemanden mit deiner Expertise und Erfahrung schon lange gesucht und du hättest völlig freie Hand, wie du deinen Job ausgestaltest. Und dann lässt er dich nicht mal Briefmarken bestellen, ohne dass er die nicht zuerst geprüft und genehmigt hat. Er gibt dir kleinteilig vor, was du zu tun hast. Und alles, was du selbst entscheidest, macht er rückgängig oder kritisiert es über die Maßen.

Wie ich schon erzählt habe, kann es dir auch passieren, dass dich dein Chef als die beste Mitarbeiterin auf diesem Posten, die er je gehabt hätte, bezeichnet und dir sagt, er würde sich freuen, wenn du weiter bei ihm arbeiten würdest. Aber ein paar Minuten später kündigt er Dir fristlos.

Bei einer Sekte oder sektenähnlichen Gruppe gibt es solche widersprüchlichen Signale natürlich auch. Vielleicht hast du z. B. alles für diese Sekte oder Gruppe aufgegeben: deinen alten Job, deinen Freundeskreis, deine Familie und deinen Wohnort. Und du hast dich voll und ganz in den Dienst dieser Sekte oder der Gruppenleitung gestellt. Du hast deine Sparkonten gekündigt, deine Immobilie verkauft, dein Auto verkauft und bist zu dieser Gruppe gezogen. Möglicherweise innerhalb Deutschlands, aber vielleicht auch ins Ausland. Du hast also alles aufgegeben, was du aufgeben konntest. Und vielleicht hast du der Gruppe sogar dein ganzes Geld aus den Verkäufen und von den Sparkonten übergeben. Aber das ist denen dann immer noch nicht genug. Und sie werfen dir vor, dich nicht ausreichend in die Gruppe einzubringen, nicht genug für die Gruppe geopfert zu haben. Wenn du aber schon alles geopfert und gegeben hast, was du opfern und geben kannst!

Warum geben toxische Menschen widersprüchliche Signale?

Meistens kannst du davon ausgehen, dass dieses extrem Negative, das du wiederholt bei diesem Menschen oder dieser Gruppe entdeckst, der wahre Charakter ist. Denn ein Mensch, der dich ehrlich schätzt oder mag oder liebt, der verhält sich dir gegenüber nicht so!

Bei all dem stellt sich natürlich wie immer die Frage: Warum machen toxische Menschen das? Wie immer spielt hier ihre primäre Motivation die Hauptrolle: Sie wollen Macht, Kontrolle und Dominanz erreichen. Wenn sie dich mit ihren widersprüchlichen Worten und Taten verwirren und verunsichern, dann erreichen sie das. Denn bist du erst verwirrt und verunsichert, dann lässt du dich womöglich viel leichter von ihnen leiten. Und sie bekommen dadurch mehr Spielraum, um einerseits mehr Gewalt gegen dich auszuüben, und andererseits, um das tun zu können, was sie wollen.

Sie sind auch nicht bereit, sich dir gegenüber verlässlicher zu verhalten. Denn Verlässlichkeit hieße ja, das tun zu müssen, was sie zugesagt haben. Aber das würde ihnen die Freiheit nehmen, tun zu können, was sie wollen. Sie hätten weniger Kontrolle über ihre Zeit und deren Ausgestaltung, anstatt mehr Kontrolle zu haben, was ja ihr eigentliches Ziel ist.

Das heißt nicht automatisch, dass sie generell sehr unzuverlässig sind. Es können z. B. sehr pünktliche Menschen sein. Aber das heißt nicht, dass sie dir gegenüber immer verlässlich sind. Sie sind es vielleicht nur in dieser einen Hinsicht. Und besonders dann, wenn es dir um etwas Wichtiges geht, sind sie nicht verlässlich.

Toxische Menschen haben darüber hinaus eine unwahrscheinliche Anspruchshaltung. Sie sind mit diesem toxischen Verhalten schon ihr Leben lang durchgekommen. Sie konnten ihre Methoden im Laufe der Jahre sogar noch verfeinern und optimieren. Und sie haben ganz selbstverständlich den Anspruch, dass es weiter so geht, dass sie weiterhin damit durchkommen. Sie sehen es inzwischen als ihr Recht an, was es natürlich nicht ist.

Auch jemand wie der Typ, der dir erst sagt, du wärst die beste Mitarbeiterin aller Zeiten, und dir dann fristlos kündigt, hat so etwas nicht zum ersten Mal gemacht. Er weiß genau, wo die gesetzlichen Schwachstellen liegen. Und er weiß genau, wie er Menschen dazu bringen kann, seine Konditionen zu akzeptieren, damit er diese Schwachstellen und diese Menschen weiterhin ausnutzen kann. Und er weiß genau, dass er immer damit davon kommen wird. Und falls doch mal nicht, wird er sich so abgesichert haben, dass ihn die Folgen nicht weiter kratzen. Das gilt auch für Menschen, die ihr Kind entführen, um sich an dem anderen Elternteil zu rächen.

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Woran erkennst du, ob widersprüchliche Signale toxisch sind?

Vielleicht denkst du jetzt: Ich war doch auch schon mal widersprüchlich. Woran erkenne ich dann, ob widersprüchliche Signale toxisch sind? Also bösartig, schädlich und zerstörerisch?

Wenn du selbst mal widersprüchlich gehandelt hast, ist das nicht automatisch eine Red Flag. Wir alle sind menschlich, wir alle ändern zwischendrin und auch mal ganz abrupt unsere Meinung. Das kann viele legitime Gründe haben. Das ist ganz normal und es ist kein bösartiges, schädliches, zerstörerisches Verhalten.

Das wird es erst, wenn es bewusst wiederholt oder auch in verschiedenen Zusammenhängen passiert. Und wenn es immer wieder ganz plötzlich passiert. Dass z. B. mitten in einem intensiven Austausch auf einmal gar nichts mehr kommt und nicht durch einen Unfall oder plötzliche Erkrankung entschuldigt werden kann.

Zur Red Flag wird dieses Verhalten auch, wenn dieser Mensch damit sowohl emotional als auch in anderen Aspekten nicht mehr verlässlich ist. Wenn er unstet und unbeständig ist und du nie weißt, was als nächstes kommen wird. Wenn du deshalb immer wie auf Zehenspitzen gehst. Wenn du dich im Vorhinein vor dem Wechsel von positiv zu negativ fürchtest. Und wenn du dir stunden- oder sogar tagelang im Vorhinein überlegst, wie du das Thema nochmal ansprechen könntest, ohne dass dieser Mensch einen Rückzieher macht, explodiert und dich angreift oder einfach das Gegenteil dessen sagt, was er vorher gesagt hat, und dir daran die Schuld gibt.

Anders als toxische Menschen sind deren Opfer auch nicht aus Arglist widersprüchlich. Sie sind es nicht, um andere zu manipulieren und zu verunsichern oder um die Oberhand zu behalten und auf die anderen herabsehen zu können. Toxische Menschen aber wollen genau das.

Die Red Flag erkennst du immer auch daran, dass jemand sehr illoyal dir gegenüber ist, dass er hinterhältig ist und dir oder anderen bei so ziemlich jeder sich bietenden Gelegenheit in den Rücken fällt. Und das macht er nicht nur, wenn er selbst daraus Vorteile ziehen kann. Viele machen es auch für ihre eigene Unterhaltung, nur um zu sehen, welche Nachteile du deswegen hast.

Diese Widersprüchlichkeit ist auch eine Red Flag, wenn mehrere Methoden ineinander greifen. Wenn du also z. B. gleichzeitig Gaslighting Fragezeichen © Toxiversum erkennen kannst oder Future-Faking Fragezeichen © Toxiversum, wie in einigen der eben genannten Beispiele. Oder beispielsweise auch Isolation oder LATOU, also Leugnen, Angreifen und Täter-Opfer-Umkehr, eine Methode, über die ich schon in einer früheren Folge gesprochen habe (s. dazu auch: In 10 Schritten vor LATOU schützen (P)).

Beziehungen mit toxischen Menschen sind also immer wieder ein Schwanken zwischen

  • Nähe und Distanz,
  • Wärme und Kälte,
  • Hü und Hott,
  • Ja und Nein,
  • Definitiv und Vielleicht,
  • Sicherheit und Verunsicherung.

Diese Widersprüchlichkeit ist auch ein wichtiger Faktor beim Aufbau der Traumabindung Fragezeichen © Toxiversum. Eine Traumabindung ist eine emotionale Bindung zwischen Täterin und Opfer, die durch wiederholte Verwirrung, Verunsicherung und andere Gewaltformen entsteht und immer auf einem Machtverhältnis basiert, bei dem die Täter:innen so gut wie alle Macht haben und das Opfer so gut wie keine mehr.

Das kann dazu führen, dass du am Ende womöglich tatsächlich dankbar für die Gewalt bist, die du durch einen toxischen Menschen erfährst. Denn du bist so stark an ihn gebunden, dass du wirklich glaubst, du hättest diese Gewalt verdient, als Korrektiv oder als Strafe. Was absolut nicht stimmt!

Aber du kannst davon richtig abhängig werden. Und du sehnst dich danach oder hegst die Hoffnung, nach dem Negativen wieder das Positive erleben zu können und solange in der Beziehung ausharren zu müssen. Erlebst du dann das Positive, hoffst du, dass es diesmal anhält. Aber dann geschieht wieder das Gegenteil, das Negative. Und in diesem Teufelskreis bist du gefangen.

Du hast ganz am Anfang der Beziehung oder in den guten Phasen den Eindruck bekommen, dass dieser Mensch ganz tolle, positive Seiten hat. Deshalb hast du in den negativen Phasen und bei diesen ewigen Widersprüchen die trügerische Hoffnung, dass die gute, tolle Seite doch noch irgendwo in diesem Menschen drinstecken muss. Du hoffst und hoffst und verlierst sehr viel Lebenszeit und Kraft damit, dich zu ändern, um diese gute Seite in diesem Menschen wieder hervorzurufen.

Was du nicht weißt, ist, dass diese gute, tolle Seite nur eine Maske ist. Toxische Menschen holen ihre Maske erst dann wieder hervor, wenn sie etwas von ihrem Opfer wollen oder wenn sie seine Traumabindung und dadurch ihre Macht, Kontrolle und Dominanz weiter verstärken wollen.

Welche Folgen können die widersprüchlichen Signale toxischer Menschen haben?

Auch wenn einzelne widersprüchliche Signale für sich genommen erst einmal nur ärgerlich erscheinen, kann diese Methode auf Dauer viel Schaden anrichten. Daher will ich jetzt mal auf ein paar sehr typische Folgen eingehen.

Es fängt natürlich mit der Verwirrung an. Du weißt nie so ganz, woran du bist. Du fragst dich immer wieder, was stimmt denn nun, das eine oder das andere, Hü oder Hott, Heiß oder Kalt?

Dadurch kommt Verunsicherung hinzu. Denn du fragst dich, woran du eigentlich bist bei diesem Menschen. Und das völlig zu recht. Aber du findest keine Antworten. Eben weil dieser Mensch sich dir so widersprüchlich zeigt. Und wahrscheinlich auch, weil du noch nicht weißt, dass er bewusst und strategisch vorgeht.

Und dann schleichen sich Zweifel bei dir ein. Z. B. Zweifel an deinen Wahrnehmungen: Hat dieser Mensch wirklich das gesagt, was du in Erinnerung hattest? Aber auch Zweifel an dir selbst: Wieso habe ich das anders in Erinnerung? Was ist mit meinem Gedächtnis los? Was stimmt mit mir nicht, dass dieser Mensch mich mal heiß, mal kalt behandelt? Was mache ich falsch, dass er mich mal toll findet, mal anschreit? Dass er mir einen unbefristeten Job anbietet und dann fristlos kündigt? Dass ich alles für diesen Menschen tue und er mich dann sang- und klanglos fallen lässt?

Denn bei all dem gibst du vielleicht zuerst dir selbst die Schuld. So stellt es wahrscheinlich auch der toxische Mensch dar. Nicht er ist schuld, sondern du mit deiner angeblichen „Unfähigkeit“, „Vergesslichkeit“, „Einbildung“, deiner angeblichen „Paranoia“ oder „Persönlichkeitsstörung“ und so weiter.

Das kann in dir ziemlich viel Scham wecken. Und das soll es auch. Zu dieser toxischen Scham habe ich in einer früheren Folge schon einiges gesagt (s. auch hier und Wie kannst du dich vor toxischer Scham schützen (P)).

Schuld und Scham wiederum führen womöglich dazu, dass du unendlich lange vor dich hin grübelst. Du verbringst deine Zeit permanent im Kopf mit Gedanken über diesen Menschen und über sein widersprüchliches Verhalten, seine gegensätzlichen Signale. Du versuchst, Erklärungen dafür zu finden, ohne vielleicht jemals auf die einzig richtige Erklärung zu kommen.

Du kannst dich vielleicht nicht mehr auf deine Arbeit konzentrieren Und deine Gespräche mit guten Freund:innen drehen sich vielleicht so häufig um dieses Verhalten, dass die schon total genervt sind und sich womöglich von dir zurückziehen.

Es kann auch dazu führen, dass dieses Verhalten Ängste in dir auslöst, insbesondere Verlustängste. Also davor, diesen Menschen, deine Wohnung, deinen Job oder auch deine Kinder oder Tiere zu verlieren. Aber auch Angst davor, deinen Verstand zu verlieren.

Vielleicht treibst du dich auch in endlosen Diskussionen mit diesem Menschen auf, in denen du versuchst, deine Seite darzulegen, dich zu erklären, dich zu verteidigen. Aber meistens triffst du nur auf eine Mauer. Oder der toxische Mensch wendet das Blatt kurzerhand und fängt an, dir Vorwürfe zu machen.

All das kann unglaublich an deinen Nerven und deinen Kräften zehren und dazu beitragen, dass du in einen Zustand schwerer und andauernder Erschöpfung gerätst (s. dazu Die existenzielle Erschöpfung in toxischen Beziehungen). Und vielleicht vernachlässigst du deine Selbstfürsorge, weil du dafür gar keine Kraft mehr hast.

Vielleicht stumpfst du auch im Lauf der Beziehung ab. Du erwartest immer weniger bis gar nichts mehr von diesem Menschen. Keine Veränderung zum Besseren, höchstens zum Schlechteren. Deine Emotionen bewegen sich nur noch in einem sehr eingeschränkten, ewig grauen Bereich. Du kannst vielleicht gar keine Freude mehr empfinden oder wirklich traurig sein.

Möglicherweise bist du auch immer in Hab-Acht-Stellung, weil die Stimmung jederzeit kippen könnte oder weil dieser Mensch seine Zusage jederzeit wieder zurücknehmen könnte usw. Deshalb wirst du vielleicht äußerst vorsichtig und hyperwachsam, um auch ja nichts falsch zu machen.

Und es kann sein, dass du dich selbst verlierst, dass du kein Vertrauen mehr in deine Realität hast und nur noch der Wahrnehmung und Einschätzung des toxischen Menschen vertraust. Das macht dich unselbstständiger und damit abhängiger von diesem Menschen.

Du traust dich vielleicht auch nicht mehr, Dinge bei diesem Menschen anzusprechen oder vorzuschlagen, die dir wichtig sind. Du nimmst dich immer mehr zurück und verschwindest geradezu. Du wirst vielleicht fatalistisch und denkst immer wieder, das wird doch eh nicht klappen, dieser Mensch wird es doch eh wieder ins Gegenteil verkehren.

Du traust dich dann auch nicht mehr, dich anderen anzuvertrauen, denn die haben entweder kein Verständnis dafür, dass du immer noch bei diesem Menschen oder in diesem Job bleibst, weil sie noch nie von Traumabindung u. Ä. gehört haben. Oder sie reagieren, wie eben schon gesagt, inzwischen genervt, wenn du schon wieder von diesem Menschen und deinen Problemen mit ihm anfängst.

All das kann Depressionen in dir auslösen. Und die wiederum können zu noch mehr Rückzug und Isolation führen.

Du gehst auch diesem (toxischen) Menschen vielleicht aus dem Weg. Und auch das kostet Kraft und Nerven und isoliert dich vielleicht noch mehr.

Bei all dem verliert die Beziehung, der Job, die Gruppe vielleicht nach und nach alles, was für dich schön war, was für dich der Grund war, warum du diese Beziehung, diesen Job oder diese Gruppenmitgliedschaft überhaupt eingegangen bist. Aber so richtig bewusst wird es dir vielleicht nicht, was auch ein Grund dafür sein kann, dass du bleibst.

Und schließlich kann all das auch körperliche Folgen für dich haben. Manchmal sind das unklare Symptome, die du gar nicht zuordnen kannst und die nicht weggehen, wenn du sie einzeln behandelst. Manchmal sind es ganz klare Symptome wie chronische Schmerzen, Haarausfall, Herzrasen oder auch ungesunde Bewältigungsmechanismen wie Drogen oder Alkohol, um endlich mal das Grübeln zu unterbrechen oder die Ängste nicht spüren zu müssen.

Aber auch für diese Symptome gibst du dir womöglich selbst die Schuld, weil du nicht weißt, dass sie einen ganz anderen Auslöser haben.

Das sind ganz schön viele mögliche Folgen für etwas, das auf den ersten Blick eher harmlos erscheint, oder? Hier findest du deshalb einen Artikel dazu, wie Du Dich schützen kannst, wenn Du immer wieder widersprüchliche Signale von jemandem bekommst.

Ich hoffe, du kannst diese Red Flag jetzt leichter erkennen und einordnen. Und ich hoffe, dass du weißt, wenn du so etwas erlebst, dass das nicht deine Schuld ist! Die Schuld an toxischem Verhalten trägt immer und ausschließlich der toxische Mensch selbst!

Und es gibt absolut keinen Grund, dich dafür zu schämen, das erlebt zu haben oder zu erleben. Und es gibt auch keinen Grund, dich dafür zu schämen, dass du das nicht durchblickt hast. Wer sich schämen sollte, ist der toxische Mensch. Oder wie die Französin Gisèle Pelicot es ausdrückte:

„Die Scham muss die Seite wechseln!“

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