Toxische Methoden sind ein wichtiges Merkmal für toxisches Verhalten. Das kannst du nicht nur daran erkennen, dass es dir schlecht damit geht, dass du die Welt nicht mehr verstehst und alles hinterfragst. Du kannst es auch daran erkennen, dass diese Menschen ganz bestimmte toxische Methoden anwenden, um ihre Ziele zu erreichen.
Das Gute daran ist, dass es fast immer die gleichen Methoden sind, die sie nutzen. Das Schwierige ist, dass diese oft nicht auf den ersten Blick zu erkennen sind, wenn man bereits in einer Beziehung (welcher Art auch immer) mit einem solchen Menschen steckt. Außerdem hatten toxische Menschen ihr Leben lang Zeit, diese Methoden zu perfektionieren. Du aber lernst sie erst jetzt kennen. Doch wenn du genau hinschaust und deiner Wahrnehmung traust, dann kannst du sie bald identifizieren. Hier sind einige der wichtigsten Methoden.
Love-Bombing
Die erste der toxischen Methoden in dieser Liste ist häufig auch die erste, die toxische Menschen anwenden. Diese erste Phase in so gut wie jeder Beziehung zu einem toxischen Menschen ist gleichzeitig die schönste. Der toxische Mensch überschüttet sein Opfer geradezu mit Aufmerksamkeit, Interesse, Komplimenten, Zuneigung und gegebenenfalls auch Geschenken. Er spielt dem Opfer vor, dass er haargenau nachfühlen kann, wie es dem Opfer geht, dass er der gleichen Ansicht ist und die gleichen Interessen und Ziele hat. Das Opfer hat das Gefühl, es hat einen Seelenverwandten oder zumindest einen ganz wunderbaren Menschen getroffen. Nichts könnte weiter entfernt von der Realität sein. Doch das weiß das Opfer noch nicht. Deshalb schenkt es diesem Menschen sehr schnell sein Vertrauen.
Das Love-Bombing währt meistens nicht sehr lang. Es hört in der Regel spätestens dann auf, wenn sich das Opfer auf dem toxischen Menschen einlässt, wenn es tut, was er will (ihn heiratet, zu ihm zieht, den Job antritt, einen ruinösen Vertrag unterschrieben hat usw.), oder wenn es ihn an sein Ziel gebracht hat, wo er keine Verwendung mehr für es hat.
Eine toxische Beziehung lässt sich schon recht früh daran erkennen, dass sie von Null auf Hundert stürmt. Es ist eine Beziehung die fast zu gut erscheint, um wahr zu sein – was meistens korrekt ist.
Gaslighting
Das Gaslighting ist eine Methode, die toxische Menschen ständig nutzen. Denn sie ist die Methode, die das Opfer am stärksten destabilisieren kann. Sie zielt darauf ab, dass es seiner Wahrnehmungsfähigkeit, seiner Erfahrung, seiner Expertise und seinem Instinkt nicht mehr vertraut und den toxischen Menschen als einzige Richtschnur wählt.
Um das zu bewerkstelligen greift der toxische Mensch tief in die perfide Trickkiste. Er behauptet, Absprachen, die noch am Tag vorher getroffen wurden, habe es nie gegeben. Zusagen habe er nie gemacht. Bestimmte Worte habe er nie geäußert, nie etwas versprochen. Das Opfer würde sich völlig falsch erinnern, wenn es sich in Wirklichkeit völlig korrekt erinnert.
Er lässt Gegenstände verschwinden und behauptet, er sei es nicht gewesen, die Gegenstände habe es nie gegeben oder das Opfer habe sie selbst entsorgt. Er googelt sich schnell etwas aus dem Internet zusammen und behauptet, der Experte, den das Opfer zitiert, sei falsch informiert, er selbst wisse es besser.
Besteht das Opfer darauf, Recht zu haben, wird der toxische Mensch schnell wütend und beschuldigt das Opfer der Lüge und/oder wechselt das Thema (meist zu etwas, dessen er das Opfer beschuldigen kann).
Kritik, Abwertung und Projektion
Nachdem das Love-Bombing so ziemlich das Schönste war, das das Opfer seit langem erlebt hat, kommt spätestens mit dieser Methode der große Absturz: Der toxische Mensch kritisiert an dem Opfer jene Dinge, die er zuvor noch (angeblich) wunderbar fand, perfekt, einzigartig und besonders. Die Kritik ist nicht konstruktiv, sondern abwertend, demütigend – und häufig völlig aus der Luft gegriffen.
Um das Unglück und die Verwirrung seines Opfers noch zu fördern, nutzt der toxische Mensch die mit Abstand absurdeste Methode: die Projektion. Er kritisiert das Opfer nicht nur, sondern dichtet ihm Fehler an, die er selbst zu verantworten hat, und Verhaltensweisen, die er selbst an den Tag legt. Hat ein Ehemann seine Frau betrogen, wird er ihr vorwerfen, ihn betrogen zu haben. Hat eine Unternehmerin Geld unterschlagen, wird sie das ihrem Opfer vorwerfen. Ist jemand besonders faul (und das sind toxische Menschen sehr häufig), wird er das Opfer als faul beschimpfen.
Die konstante Absurdität dieser Projektionen kann ein bereits verunsichertes Opfer noch weiter destabilisieren. Doch hier besteht auch die beste Chance, den Bullshit des toxischen Menschen frühzeitig zu entlarven. Das gelingt allerdings nur, wenn das Opfer nicht schon völlig destabilisiert ist.
Entfremdung und Isolation
Weil der toxische Mensch immer Gefahr läuft, dass sich sein Opfer bei anderen Hilfe sucht, die womöglich einen stärkeren Einfluss auf das Opfer haben als er selbst, muss er sich dieser anderen entledigen. Das macht er vorzugsweise, indem er beide Seiten gegeneinander ausspielt und sich auf diese Weise auch das Umfeld warmhält, für den Fall, dass es ihm einmal nützlich sein kann.
Beispielsweise wird er behaupten, das Opfer habe negative Dinge über Personen in seinem Umfeld gesagt, denen er natürlich nicht zustimmen würde, aber er wolle „fairerweise“, und weil er sich Sorgen mache, die Personen darüber informieren. Oder er behauptet dem Opfer gegenüber, jemand aus dem Umfeld des Opfers hätte bereits gesagt, wie merkwürdig oder unverantwortlich oder peinlich es sich verhalten würde. Häufig ist das, was er da behauptet, schlicht erfunden.
Dennoch schafft er auf diese Weise einen Graben zwischen dem Opfer und seinem Umfeld, der sich im Lauf der Zeit so erweitert, dass manche Beziehung zum Umfeld nicht mehr zu kitten ist.
Einschüchterung
In der Phase des Love-Bombings, als das Opfer dem toxischen Menschen sehr schnell Vertrauen geschenkt hat, hat er dieses missbraucht, um möglichst viele peinliche, negative und belastende Informationen über das Opfer zu erfahren. Diese Informationen nutzt er nun, um das Opfer unter Druck zu setzen und einzuschüchtern. Er droht damit, anderen diese Informationen weiterzuleiten, belastende Dokumente öffentlich zu machen, Fotos in den Sozialen Medien zu teilen und Ähnliches.
Damit versucht er nicht nur, das Opfer weiter zu erniedrigen und unter seine Kontrolle zu bekommen. Er will es auf diese Weise auch zum Schweigen bringen. Ist ihm das Opfer nämlich nicht so zu Willen, wie er das gerne hätte, braucht er Druckmittel, damit es wenigstens den Mund hält und anderen gegenüber nicht mehr über ihn spricht.
Triangulation
Insbesondere in einer Partnerschaft oder einem Arbeitsumfeld bedient sich ein toxischer Mensch auch der Triangulation, um sein Opfer klein zu halten und zu destabilisieren. Er tut dies, indem er eine dritte Person ins Spiel bringt. In einer Partnerschaft beginnt der toxische Mensch z. B. eine Affäre (oder mehrere). Bei der Arbeit fördert oder bevorzugt der toxische Mensch eine Rivalin des Opfers (oder mehrere).
Spricht ihn das Opfer darauf an, bestreitet der toxische Mensch alles und behauptet, das Opfer sei nicht mehr ganz richtig im Kopf, würde sich das alles nur einbilden und sollte sich mal untersuchen lassen. Womöglich äußert er sogar Zweifel daran, ob diese Partnerschaft oder die Mitarbeit „unter diesen Umständen“ überhaupt noch tragbar sei.
Der toxische Fanclub
Um seine ganzen Machenschaften auf ein solides Fundament zu stellen, baut sich ein toxischer Mensch immer einen Fanclub auf. Dieser besteht aus Flying Monkeys und Enabler:innen , die den toxischen Menschen aktiv oder passiv unterstützen. Mit ihrer Hilfe wird das Opfer weiter isoliert und ist der Willkür und dem Willen des toxischen Menschen erst recht ausgeliefert.
Bestrafung und Rache
Macht das Opfer nicht, was der toxische Mensch will, dann wird es häufig bestraft. Viele Opfer kennen die Schweigenummer, wenn der toxische Mensch einfach nicht mehr reagiert und stundenlang – vielleicht sogar tagelang nicht mehr mit dem Opfer redet. Andere berichten von körperlicher Gewalt sehr unterschiedlichen Grades.
Toxische Menschen sind häufig sehr rachsüchtig. Kaum eine „Verfehlung“ (aus ihrer Sicht), die sie nicht durch einen Rachenakt bestrafen. Das können vergleichsweise Kleinigkeiten sein, wie ein Loch im Lieblingspullover ihres Opfers, versalzenes Essen oder verschwundene Arbeitsutensilien. Es kann aber auch in großem Maßstab durch Rufschädigung passieren oder durch extreme körperliche und seelische Gewalt.
Hoovering
Das Hoovering schließlich ist eine Methode, die dem Love-Bombing ähnelt. In dieser Phase hat der toxische Mensch beschlossen, dass er doch noch eine Verwendung für sein Opfer hat, dass er es noch für irgendetwas benötigt. Deshalb versucht er, es wieder mit schönen Worten, Versprechungen (die er fast alle nie einhält) und Zuwendung, Aufmerksamkeit und all den anderen Love-Bombing-Zutaten wieder zu sich zurückzuholen.
Gibt es etwa noch mehr toxische Methoden?
Leider ja. Doch die oben genannten sind einige der wichtigsten Methoden toxischer Menschen. Sie zu kennen bedeutet allerdings nicht, dass du dadurch automatisch immun gegen ihr Gift bist. Doch du hast dadurch die Möglichkeit, selbst wenn du schon recht tief in dieser Beziehung steckst, die toxischen Methoden als das zu erkennen, was sie sind. Du wirst auf diese Weise schneller reagieren und dem toxischen Menschen leichter das entgegnen können, was es braucht, damit er von dir ablässt und/oder du besser mit seinen Methoden umgehen kannst.
Sie zu kennen, kann dir helfen, solche Menschen schon im Anfangsstadium eures Kennenlernens für dich zu entlarven. So wirst du dich vielleicht gar nicht erst auf sie einlassen, weil du bereits ihre große Love-Bombing-Show durchschaust. Oder du kannst dafür sorgen, dass sie dich nicht (länger) manipulieren und ausnutzen können. Bist du bereits aus der Beziehung ausgestiegen, kannst du vielleicht das Hoovering erkennen und dich wappnen für den Fall, dass der toxische Mensch sich dir wieder annähert.
Toxische Methoden sind kein normaler Umgang miteinander!
Eins solltest du wissen: Toxische Methoden sind kein normaler Umgang mit Menschen. Ganz und gar nicht. Auch wenn uns das immer wieder durch die zahllosen Krimis, die Zeitungsberichte und Fernsehdokumentationen über toxische Menschen suggeriert wird. Auch wenn uns Unternehmen dies immer wieder als Toprezept für wirtschaftlichen Erfolg weismachen wollen. Diese toxischen Methoden, die hier aufgelistet sind, sind hochgradig manipulativ, bösartig und zerstörerisch. Sie sind seelische und körperliche Gewalt.
Also, achte auf die Anzeichen! Und achte gut auf dich selbst!