Warum tritt jemand einer Sekte bei?

Warum tritt jemand einer Sekte bei? Eine Frage, die weltweit viele Menschen umtreibt. Wir haben Horrorvorstellungen von Sekten und glauben, die, die freiwillig einer Sekte beitreten, haben ziemlich sicher nicht mehr alle Tassen im Schrank. Was ist da dran? Und warum treten Menschen wirklich einer Sekte bei?

Jedes Jahr am 18. November findet der Internationale Tag der Aufklärung über Sekten (International Cult Awareness Day) statt. Es ist der Tag, an dem 1978 der Amerikaner Jim Jones über 900 Mitglieder seiner Sekte, darunter mehr als 200 Kinder, dazu nötigte, Gift zu trinken und zu sterben. Diese unfassbare Tat ist als das „Jonestown-Massaker“ in die Geschichte eingegangen. Doch sie war längst nicht die einzige. Vielleicht erinnerst du dich auch noch an andere solche Massenmorde – z. B. die an den Erwachsenen und Kindern der „Branch-Davidians“ in Waco (USA, 1993), den „Sonnentemplern“ (Schweiz u. a., 1994/95/97), den Mitgliedern von „Heaven’s Gate“ (USA, 1997), bei dem Giftgas-Attentat der Sekte „Aum Shinrikyo“ (Japan, 1995) oder auch aktuell die an den verhungerten Opfern der Sekte „Good News International Ministry“ bzw. „Shakahola-Sekte“ (Kenia, 2023).

Was ist eine Sekte?

Mit solchen, leider sehr realen, Horrorgeschichten ist unsere Vorstellung von Sekten gespickt: Ein:e Anführer:in befehligt zahlreiche, scheinbar naive oder willenlose Menschen, ziemlich dummes, albernes, idiotisches, schädliches und in manchen Fällen auch tödliches Zeug zu glauben und zu tun. Die Realität ist jedoch meist eine völlig andere, und Opfer sind weder naiv noch dumm. Genau das macht Sekten und sektenartige Gruppen so gefährlich. Denn solange sie kein Massaker anrichten, halten wir sie für halbwegs harmlos, und sie können agieren, wie sie wollen. Sekten sind jedoch vieles, aber definitiv nicht harmlos. Und wir sollten sie genauso wie den toxischen Menschen von nebenan niemals unterschätzen.

Eine Sekte ist nach alter Definition eine „Glaubensgemeinschaft“ und war früher meist religiös ausgerichtet. Sie war eine Abspaltung einer anerkannten Glaubensrichtung mit ganz eigener – häufig sehr viel strengerer, konservativer, oft sogar wörtlicher oder extremistischer – Auslegung religiöser Schriften. Doch stammt das Wort „Sekte“ vom Lateinischen „secta“, das auch mit „Richtung“, „Schule“, „Weg“ oder „Leitsätze“ übersetzt werden kann. Allein religiöse Abspaltungen von anerkannten Religionen als Sekten anzuerkennen, wäre heute viel zu eng gefasst, denn das Feld der Sekten und sektenähnlichen Gruppen ist mittlerweile ziemlich unüberschaubar geworden.

Heute sind Sekten elitäre, streng hierarchische Gemeinschaften, in denen die jeweilige Führung ein bestimmtes Ziel vorgibt. Dieses Ziel kann scheinbar religiös oder spirituell sein (Erreichen des Paradieses, der ewigen Seligkeit, der nächst höheren Lebensstufe, der Erleuchtung u. Ä.), aber auch scheinbar weltlich (gemeinsam die Welt zu verbessern, die einzig wahre große Liebe zu finden, sechsstellig oder mehr zu verdienen, als einzige den Weltuntergang zu überleben u. Ä.). Diese Ziele klingen erst einmal harmlos bis wünschenswert, denn das meiste davon würden wir wahrscheinlich alle gern erlangen. Und genau das ist der Trick von Sekten: sich als harmlos und mit tadellosen, ehrenhaften Motiven darzustellen, um möglichst viele Interessierte anzulocken – und sie dann Schritt für Schritt mit Hilfe toxischer Methoden so stark zu manipulieren, dass sie tun, was die Führung will.

Welche toxischen Methoden werden in Sekten und sektenähnlichen Gruppen benutzt?

Eine Sekte oder sektenartige Gruppe ist im Grunde das Gleiche wie eine toxische Beziehung, nur auf einer größeren Skala, weil es meist mehrere oder zahlreiche Betroffene auf einmal gibt. Dabei ist es egal, ob es sich um eine kleine Gruppe von bspw. fünf Personen handelt, um eine überschaubare Online-Gruppe oder um eine Organisation mit Tausenden Mitgliedern und „Tempeln“, „Kirchen“ u. Ä. weltweit. Die Anführer:innen von Sekten nutzen exakt die gleichen Methoden wie toxische Partner:innen, Vorgesetzte, Nachbar:innen usw. Sie arbeiten u. a. mit

  • Love-Bombing Fragezeichen © Toxiversum,
  • Data-Mining Fragezeichen © Toxiversum,
  • Lügen,
  • Druck,
  • Erpressung,
  • Angst,
  • Zurückhalten von (wichtigen) Informationen,
  • Gaslighting Fragezeichen © Toxiversum,
  • Triangulation Fragezeichen © Toxiversum,
  • Strafen (von verhassten Arbeitsauflagen über Anschweigen (= Isolation), Einsperren, Bloßstellen und Demütigen vor der ganzen Gruppe, bis hin zu schweren körperlichen Strafen),
  • intermittierender Verstärkung Fragezeichen © Toxiversum,
  • Future-Faking Fragezeichen © Toxiversum,
  • Projektion Fragezeichen © Toxiversum,
  • Täter-Opfer-Umkehr Fragezeichen © Toxiversum und Schuldzuweisungen,
  • Scham,
  • Wortsalat Fragezeichen © Toxiversum,
  • Zwangskontrolle Fragezeichen © Toxiversum
  • und vielen anderen Mindfucks Fragezeichen © Toxiversum.

Mit diesen Methoden setzen sie Instinkt und Wahrnehmungsfähigkeit ihrer Opfer außer Kraft, erzeugen kognitive Dissonanzen Fragezeichen © Toxiversum und nur sehr schwer lösbare Traumabindungen Fragezeichen © Toxiversum. Die Mitglieder der Sekte sind nicht mehr wertvolle Individuen, sondern werden ausschließlich anhand ihrer Funktion, ihres Einpassens in die Gemeinschaft und ihres Beitrags für die Sekte (Arbeit, Geld, Mitgliederwerbung u. Ä.) bewertet.

Sekten locken Mitglieder mit attraktiven Versprechungen an

Neue Mitglieder locken sie mit allen möglichen attraktiven Versprechungen an und stellen sich so dar, als seien sie die Einzigen, die den Durchblick hätten, die die einzig wahre Formel gefunden hätten, um das Gruppenziel zu erreichen. Woanders würde man diese alles entscheidenden Methoden nicht lernen können. Außerdem würde schon diese eine Formel das Erreichen des Ziels garantieren. Einige von ihnen setzen die potenziellen Anhänger:innen schnell unter Druck, z. B. indem sie ihnen vergleichsweise günstige, scheinbar im Preis reduzierte Einstiegskurse nur für eine kurze Zeit anbieten, eine große, emotional überwältigende Veranstaltung organisieren oder auch Einzelgespräche führen, in denen sie den Menschen vormachen, sie seien genau der Mensch, den sie in ihrer Organisation bräuchten und den sie garantiert an das versprochene Ziel würden führen könnten, weil er so perfekt dafür wäre und es so sehr verdient hätte.

Haben sie erfolgreich Mitglieder angeworben, beginnen sie langsam, die Daumenschrauben anzusetzen. Sie erwarten von ihnen uneingeschränkte, extreme Begeisterung für ihre Doktrin, denn die ist Gesetz und muss um jeden Preis befolgt werden. Zweifelt jemand, hinterfragt die Doktrin oder widerspricht ihr, wird dies nicht nur strikt abgelehnt, sondern oft auch bestraft. Denn die Mitglieder haben nicht selbst zu denken, sondern sollen genau das tun, denken und fühlen, was die Führung ihnen vorschreibt.

In einer solchen Gruppe bzw. Sekte muss man auch uneingeschränkte Begeisterung für die Führungsperson zeigen, da die sich als einzigartig, auserkoren und beinahe allwissend darstellt und dafür gehuldigt werden möchte. Kritik an der Führung hat oft einen Status wie Gotteslästerung und zieht so gut wie immer Bestrafung nach sich. Zu viel Kritik führt meist zum Ausschluss aus der Gruppe und der einzigen Gemeinschaft, die viele seit Jahren oder schon ihr Leben lang als einzigen Lebensmittelpunkt und einzige soziale und emotionale Stütze kennen. Manchmal verschwinden unbequeme Mitglieder spurlos, und dank häufig guter Beziehungen zur lokalen Polizei und den Behörden wird dieses Verschwinden oft nicht ausreichend untersucht. Manchmal, mutmaßen Ex-Mitglieder, wurden diese Menschen umgebracht oder gezielt in den Selbstmord getrieben. Manchmal wollen bewusst Verschwundene aber auch nicht gefunden werden aus Angst vor der Rache der Sektenführung und ihrer Vasall:innen durch Drohungen, Rufmord, Terror, ruinöse Gerichtsprozesse und/oder körperliche/tödliche Gewalt.

„Auserwählt“ zu sein ist kein Geschenk, sondern immer Transaktion

Mitglieder lernen dort, dass auch sie, durch ihre Mitgliedschaft und ihre Hingabe an die gemeinsame Sache, auf eine gewisse Weise auserwählt seien. Oftmals erhalten sie u. a. deshalb einen neuen Namen und müssen sich auch außerhalb der Sekte nur noch mit diesem Namen ansprechen lassen. Doch hat das Auserwähltsein immer einen (oftmals extrem hohen finanziellen, sozialen, emotionalen, seelischen und körperlichen) Preis. Sekten entwickeln so ganz automatisch ein (von oben bewusst forciertes) Gefühl von „Wir gegen den Rest der Welt“ oder anders ausgedrückt: Die Führung isoliert die Mitglieder von der Außenwelt und von ihrem bisherigen Umfeld. Oftmals geschieht dies auch dadurch, dass die Mitglieder dazu angehalten bzw. genötigt werden, alle Brücken zu ihrem alten Leben abzubrechen. Sie sollen ihren bisherigen Wohnort, Familie und Freundeskreis verlassen und auf das Gelände der Gruppe ziehen oder zumindest in eine Gegend, die die Führung dafür ausersehen hat. Damit werden sie dem Einfluss ihres bisherigen Umfelds auch geografisch entzogen und noch stärker dem Einfluss der Gruppe unterstellt, die beinahe jede isolationsbedingte Verunsicherung abfedern kann. Manchmal müssen sie der Sekte ihr ganzes Eigentum übergeben (darunter auch ihr Erspartes, ihren ganzen Besitz und ihr Gehalt aus ihrem Brotjob), da Mitglieder häufig keinen eigenen Besitz haben sollen. Entsprechend werden ihnen manchmal auch Kommunikationsmittel nach außen wie Handys und Rechner abgenommen oder zumindest die Kontakte genauestens überwacht und gesteuert. Manche Sekten nehmen den Mitgliedern unter einem Vorwand sogar die Personalausweise und/oder Reisepässe ab, damit die ja nicht auf die Idee kommen, sich bei Nacht und Nebel ihrem Zugriff zu entziehen. Außerdem sollen sich die Mitglieder nach Möglichkeit ausschließlich mit anderen Sektenmitgliedern umgeben – so weiß die Führung, dass sie immer unter Beobachtung sind und sie sie auf diese Weise leichter kontrollieren, manipulieren und leiten kann.

Die Indoktrination in Sekten beinhaltet häufig „Vorschläge“ (die man kaum ablehnen kann, ohne sich Demütigung, Ablehnung, Isolation und Bestrafung auszusetzen) bezüglich der Berufswahl bzw. Arbeitgebendenwahl, der Partner:innenwahl, der Kleiderwahl, der Kindererziehung usw. Viele Mitglieder verändern ihren Lebensweg ganz radikal – nicht nur geografisch, sondern auch beruflich, familiär und finanziell. In manchen Sekten gibt es rigide Rituale mit Anwesenheitspflicht oder mindestens der Pflicht, jederzeit sofort bei Fuß zu stehen, wenn sie dazu aufgefordert werden. Außerdem müssen Sektenmitglieder meist unentgeltlich für die Sekte schuften. Sie müssen sich zu 100 Prozent dazu verpflichten, die Ziele dieser Gemeinschaft zu fördern und keine anderen „Götter“ neben diesen zu haben. Sie verbringen ihre gesamte Freizeit dort, übernehmen alle anfallenden Arbeiten, auch die niedrigsten und unbeliebtesten (wobei diese meist Frauen übernehmen müssen). Häufig müssen auch die Kinder schon sehr früh mitarbeiten und dürfen entweder nicht spielen gehen oder haben gar keine Zeit mehr dafür. Die Erwachsenen werden in der Regel nicht für ihre Arbeit bezahlt, sie sind auch weder (zusätzlich) kranken-, renten-, unfall- noch sonstwie versichert.

Das Selbstwertgefühl der Mitglieder wird sorgfältig demontiert

Wenn sie nicht gerade für die Sekte arbeiten, müssen sich Erwachsene wie Kinder oft „Fortbildungen“ unterziehen, die ebenfalls meist Pflicht sind. Diese Veranstaltungen funktionieren nach dem Zuckerbrot-und-Peitsche-System. Dort lernen Mitglieder teilweise, wie sie die einst versprochenen Ziele angeblich tatsächlich erreichen könnten und wie großartig das Gemeinschaftsgefühl in der Gruppe sei (Zuckerbrot). Häufig lernen sie dort aber auch dies (Peitsche): dass sie defizitär seien, d. h., dass sie nicht gut genug seien, nicht das Richtige täten/dächten/glaubten und definitiv nicht genug täten, sondern sich sehr viel mehr anstrengen müssten. So schuften sie also fast 24/7 (ggf. im Brotjob und) für die Sekte und bekommen meist nur sehr wenig Schlaf. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass sie viel zu selbstkritisch, viel zu demoralisiert und viel zu k. o. sind, um irgendetwas hinterfragen oder an Flucht denken zu können.

In manchen Sekten leben die Geschlechter (auch Paare) getrennt und die Kinder getrennt von den Eltern. Oder sie sind den Großteil des Tages voneinander getrennt und haben klar getrennte Aufgaben in der Sekte. Durch diese Isolation einzelner Familienmitglieder voneinander kann die Führung die Kontrolle der einzelnen Menschen noch verstärken. Gleichzeitig nimmt sie den Eltern scheinbar die Verantwortung für die Kinder ab, die fortan (oft vollkommen schutzlos) der Willkür und Gewalt durch die Führung und andere Erwachsene ausgesetzt sind.

Aufgrund des Drucks und Gaslightings durch die Führung und die Flying Monkeys Fragezeichen © Toxiversum der Gruppe finden sich außerdem viele Mitglieder auf einmal in Situationen, die sie vorher strikt abgelehnt hätten, z. B. dabei, ihre Kinder bereits als Babys für angebliche „Vergehen“ zu schlagen oder gegen (andere) Gesetze zu verstoßen, Geld zu hinterziehen, an Menschenhandel teilzunehmen, andere ständig zu belügen, selbst Strafen zu verteilen, ihnen unterstellte Mitglieder zu manipulieren, zu nötigen, zu demütigen u. Ä. Auffällig ist auch, dass manche Sekten bestimmte Krankheiten wie Krebs gegen jede wissenschaftliche Erkenntnis als von den Erkrankten selbst hervorgerufen deklarieren. Sie lehnen eine medizinische Behandlung ab, da das Mitglied nur selbst genug an sich arbeiten müsse, um den Krebs zu besiegen, und so schuftet das Mitglied noch mehr als ohnehin schon, natürlich ohne Erfolg.

Die verantwortliche Führung übernimmt nie Verantwortung

Ebenso auffällig ist, dass die Führungspersonen von Sekten nie wirklich Verantwortung für irgendetwas übernehmen. Fliegen ihre oft abscheulichen, gewalttätigen Methoden auf, behaupten sie, die Mitglieder seien erwachsene Menschen und hätten sich freiwillig und selbstständig dafür entschieden, diese illegalen oder gewalttätigen Dinge zu tun. Bei einem Prozess, so sie überhaupt je vor Gericht landen, stellen sie sich als unwissend und völlig unschuldig dar. Manche Sekten erkennen die Autorität von Staat und Behörden auch schlicht nicht an und wähnen sich über dem Gesetz stehend. Natürlich alles im Auftrag der „guten Sache“, ist klar, denn der Zweck, meinen sie, heilige die Mittel.

Sekten zeichnen sich meist auch dadurch aus, dass ihre Mitglieder immer weitere Mitglieder anwerben müssen – natürlich neben Beruf, Familie und dem ohnehin schon nicht bezahlten Engagement für die Sekte. Denn neue Mitglieder bringen neue Gelder mit (manchmal ihre ganzen Ersparnisse) und neue kostenlose Arbeitskraft – was die Führungspersonen der meisten Sekten brauchen, denn sie selbst rühren in der Regel keinen Handschlag, leben aber am liebsten in Saus und Braus und/oder auf Kosten anderer. Vielleicht erinnerst du dich an die 93 Rolls-Royce-Limousinen, die der Sektenführer Bhagwan Shree Rajneesh/Osho besaß. Oder an den Sektenführer Keith Raniere, der jahrelang gratis in Häusern und vom Geld anderer Leute lebte und sich auf der Flucht vor den US-Strafbehörden in einer mexikanischen Luxusvilla zu verstecken versuchte.

Jedenfalls wird eine Sekte sehr bald, und bevor die Mitglieder es so richtig realisieren können, zu ihrem alles umfassenden Lebensinhalt. Sie können sich nicht mehr vorstellen, je wieder in ihr altes Leben zurückzukehren, das scheinbar so viel weniger Sinn, Erfolg und Zukunft hatte und vermeintlich so banal war. Sie lernen aber auch, dass jene Mitglieder, die die Sekte trotz allem wieder verlassen, wie Aussätzige, Verräter:innen und Straftäter:innen behandelt werden. Es wird nicht nur äußerst schlecht über die „Abtrünnigen“ gesprochen, und jeder Kontakt zu ihnen wird strikt unterbunden oder bestraft. Das Geld, das die bei ihrem Einstieg in die Sekte der Führung übergeben hatten, und ihre ganze Arbeits- und Rekrutierungszeit wird ihnen auch in aller Regel nie (zurück-) bezahlt. Stattdessen müssen sie sich nicht selten extrem langwierigen Gerichtsprozessen stellen, die die Sekte gegen sie anstrengt. Insbesondere dann, wenn sie öffentlich über die toxischen Machenschaften innerhalb der Sekte sprechen. Oder die Sekte ruiniert sie finanziell noch mehr, indem sie Klagen auf Herausgabe des investierten Geldes bis ultimo verzögert.

Niemand tritt freiwillig einer Sekte bei!

Nach all dem wirst du wahrscheinlich denken: Schön blöd, wer DA freiwillig hingeht! Oder? Leider ist es aber so, dass niemand, wirklich niemand (außer den Gründ:erinnen bzw. den meisten Führungspersonen der Sekten selbst) wissentlich einer SEKTE beitritt. Stattdessen treten sie einer GEMEINSCHAFT bei, die scheinbar hehre Ziele hat und die ihnen ein tolles Gruppengefühl vermittelt, weil alle zusammen auf diese Ziele hinarbeiten und damit der Welt etwas Gutes tun, einer Gottheit treu dienen oder beruflich und privat sehr erfolgreich sein wollen. Ihnen wird glauben gemacht, an etwas richtig Gutem und Hilfreichem aktiv teilhaben zu können. Sie merken meist sehr lange nicht, dass sie schon von Anfang an belogen, manipuliert und in das gewaltvolle Konstrukt der Sekte eingesperrt wurden. Sie merken es auch deshalb nicht, weil Sekten nie nur schlecht sind – dazu sind die Führenden viel zu schlau. Sie bauen sie immer so auf, dass die einzelnen Mitglieder auch viel Gutes aus der ganzen Sache ziehen können – was umso mehr zu ihrer kognitiven Dissonanz beiträgt und sie denken lässt: Schön (oder richtig) ist manches zwar nicht, aber insgesamt ist es so schlecht ja nicht, schon gar nicht unsere Ziele. Und wo gibt es schon etwas, das 100-prozentig gut ist?! So sind sie in dem Zwiespalt gefangen, der sie möglicherweise noch sehr lange in der Sekte festhalten wird.

Wir dürfen auch nicht vergessen, dass sehr viele Mitglieder in diese Sekten hineingeboren werden oder als Kinder mit ihren Eltern zusammen aufgenommen werden. Viele kennen gar nichts anderes. Genauso wie bei Kindern toxischer Eltern ist das, was sie in der Sekte erleben, für sie Normalität. Und „das da draußen“ ist das Abnorme, das Schlechte, das Schädliche, weil es ihnen von klein auf so beigebracht wurde.

Mitglieder von Sekten oder sektenartigen Gruppen können zwar hier und da durchaus selbst toxisch sein oder während ihrer Mitgliedschaft toxisch handeln. Doch die Mehrheit ist wie die Opfer toxischer Menschen: Sie sind vor allem empathisch, glauben an das Gute im Menschen und möchten die Welt zumindest für sich und ihre Kinder besser machen. Das sind Ziele, die die meisten von uns haben – nur geht jede:r von uns einen anderen Weg dorthin. Unzählige aber werden von hochtoxischen Sektenführer:innen so sehr manipuliert, dass sie deren Lügen für die Wahrheit halten. Es ist allerdings meist nur reine Glückssache, ob du zu diesen Menschen gehörst oder zu jenen, an denen dieser Kelch glücklicherweise immer vorüberging.


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