Toxische Warnsignale: Heute so, morgen so

Toxische Warnsignale sind vielfältig und nicht immer leicht zu erkennen. Oft sind es Nebensächlichkeiten, Kleinigkeiten. Wir tun sie ab, weil der Gesamteindruck zunächst überwiegend positiv ist. Umso wichtiger ist es, schon früh auf die Details zu achten. Zum Beispiel auf das toxische Fähnchen im Wind: heute so, morgen so.

Bei diesem toxischen Warnsignal handelt es sich um einen Teil des Gaslightings Fragezeichen © Toxiversum. Das heißt, ein toxischer Mensch versucht, mit dieser Art und Weise die Wahrnehmung und Einordnungsfähigkeiten seines Opfers so weit zu zerstören, dass er Macht und Kontrolle über es gewinnt.

Was bedeutet „heute so, morgen so“?

Toxische Menschen können sehr überzeugend sein, wenn sie wollen und wenn es ihren Zielen nützt. Egal, wofür sie dich benötigen, sie werden ihr ganzes Arsenal an toxischen Methoden auffahren, damit du dir ihrer negativen Seiten erst bewusst wirst, wenn es schon zu spät ist. Viele dieser Methoden und Handlungen verpacken sie so gut oder streuen sie so sparsam, dass du erst im Nachhinein erkennen kannst, dass es sich dabei um toxische Warnsignale gehandelt hat.

„Heute so, morgen so“ bedeutet, dass toxische Menschen ihr Fähnchen in den Wind hängen, wenn es darum geht, dich in ihr Netz zu ziehen. Es ist ihnen bewusst, dass sie heute dies, morgen das behaupten, und beides mit viel Überzeugung in der Stimme. Aber sie werden dir gegenüber immer darauf bestehen, dass sie nur eins von beidem gesagt haben. Denn das wird dich besonders verwirren, da du ja sicher warst, zuvor das Eine gehört zu haben, das nicht mit dem Anderen, der neueren Version übereinstimmt. Ein paar Beispiele:

  • Bernd sagt wiederholt, dass sein Kollege Amir ihn hintergangen habe und er ihm das nie verzeihen könne. Er wolle nichts mehr mit dem Kerl zu tun haben. Einige Zeit später findest du heraus, dass er sich schon die ganze Zeit jede Woche mit Amir abends zum Bier trifft und andere die beiden als die besten Kumpels bezeichnen.
  • Tina redet immer abfällig über ihren Ex-Freund Thomas. Er sei unerträglich, hinterfotzig und eiskalt. Dann erfährst du, dass die beiden sich eigentlich nie richtig getrennt haben, dass sie auf jeder Party ganz offen miteinander flirten, sogar gemeinsam in den Urlaub fahren.
  • Daniel liebt Schokoladenpudding und freut sich immer, wenn Niko ihn für ihn kocht. Eines Tages sagt er, er habe Schokoladenpudding noch nie gemocht und könne sich auch sehr genau daran erinnern, dass er das Niko schon mehrfach gesagt habe, seit sie zusammengezogen sind.
  • Julia behauptet, Leon sei eklig. Sie möge ihn gar nicht, er sei ziemlich abstoßend, und sie habe den Kontakt zu ihm abgebrochen. So einen wolle sie auf gar keinen Fall auch nur in ihrem Bekanntenkreis. Einige Zeit später sagt sie, ohne mit der Wimper zu zucken, sie habe nach wie vor Kontakt zu Leon, den habe sie nie abgebrochen, warum sollte sie. Er habe sie sogar gefragt, ob sie Patentante seines Kindes sein wolle.
  • Andreas ist Datenschutzbeauftragter und sagt zu seiner Frau Merle, dass für ihn der Datenschutz an erster Stelle stehe. Er sei absolut gegen jede Art von Eingriffen in die Privatsphäre und gegen Überwachung. Merle vertraut ihrem Mann völlig. Dann findet sie heraus, dass er sie mit Hilfe einer App auf ihrem Smartphone ausspioniert und dass er alle ihre Sachen, auch die Privatesten, Intimsten, durchwühlt hat. Selbst die, die sie in passwortgeschützten Ordnern auf ihrem privaten Rechner abgelegt hat oder in einem Tresor verwahrt, zu dem nur sie das Zugangskennwort hat.
  • Bastian sagt seinen Mitbewohnern zu, dass er sich um die Reparatur der tropfenden Wasserhähne kümmern würde. Zwei Monate später tropfen sie immer noch, doch jetzt behauptet Bastian, er habe nie zugesagt, dass er sich um die Reparatur kümmern würde.
  • Lotte vermietet eine Wohnung in ihrem Haus an Florin unter der Maßgabe, dass er keinen Lärm macht, da sie viel Ruhe braucht. Er sagt ihr, er sei ein absolut ruhiger Mieter, sie würde von ihm weder etwas sehen noch hören. Außerdem sei er ja meistens gar nicht zu Hause. Nachdem er eingezogen ist, dreht er seine Stereoanlage dauernd bis spät in die Nacht hoch, „vergisst“, seinen Radiowecker morgens auszuschalten, sodass der eine Stunde lang das ganze Haus wachtrötet, und er stapelt seine Dreckwäsche im Hausflur. Er ist zwar häufig weg, aber er lässt dann immer „Verwandtschaft“ in seiner Wohnung wohnen, die sich genauso verhält wie er.

Warum ist das ein toxisches Warnsignal?

Wenn wir anderen etwas erzählen, dann sehen wir in aller Regel keinerlei Notwendigkeit, die grundlegenden Fakten zu verändern. Vielleicht über- oder untertreiben wir unsere eigene Beteiligung an einer guten Sache etwas. Vielleicht lassen wir etwas aus, das wir für unwesentlich halten. Oder wir schmücken das Ganze ausnahmsweise ein bisschen aus, weil wir jemanden beeindrucken wollen.

Uns allen passiert es auch schon mal, dass wir eine Erinnerung haben und sich herausstellt, dass die Dinge ganz anders waren. Vielleicht hast du in Erinnerung, dass dein Schulgebäude von außen schwarz war, findest dann aber heraus, dass es mittelgrau war. Oder du bist dir sicher, dass du mit fünf Jahren zum ersten Mal in der Kindergruppe im Fußballverein gespielt hast. Und findest als Erwachsene:r die Vereinsunterlagen wieder, die besagen, dass du erst mit acht Jahren im Verein angemeldet wurdest. Oder du weißt genau, dass es vor drei Jahren zu Weihnachten richtig viel Schnee gab, aber in Wirklichkeit liegt das schon sechs Jahre zurück. Solche Verschiebungen in den Erinnerungen sind ganz normal.

Erzählt ein Mensch aber gegensätzliche Versionen einer bestimmten Sache, dann hat das in den meisten Fällen weder mit normalen Gedächtnisfehlern oder spaßig gemeintem Märchenerzählen zu tun. In der Regel ist das ein toxisches Warnsignal. Denn diese zwei völlig verschiedenen Versionen führen bei dir zu einer kognitiven Dissonanz Fragezeichen © Toxiversum. Das heißt, du hörst oder siehst hier zwei Versionen ein- und derselben Sache, und diese Versionen sind nicht übereinzubringen. Du warst dir ganz sicher, dass du die erste Version ganz korrekt in Erinnerung hast, aber jetzt, wo der toxische Mensch behauptet, dass er das nie gesagt habe, oder er sich völlig gegensätzlich verhält, kommen dir Zweifel an dem, was du in der ersten Version glaubtest, gehört zu haben. Zumal du dich ja auch schon bei der Schulfarbe, dem Vereinsbeitritt oder dem Schnee zu Weihnachten falsch erinnert hast. Ganz automatisch setzt du die gegensätzlichen Versionen des toxischen Menschen mit deinen Erinnerungsfehlern gleich.

Nimm toxische Warnsignale unbedingt ernst!

Das kann extrem verwirrend und destabilisierend sein. Erst recht, wenn du immer ein gutes Gedächtnis hattest oder dein Gedächtnis eine wichtige Basis für deinen Beruf ist. Und genau das ist der Zweck dieser Methode: Denn du sollst verwirrt sein. Du sollst dir selbst die Schuld dafür geben. Und du sollst dich so sehr in deiner eigenen Wahrnehmung und deiner Fähigkeit, Dinge korrekt einzuordnen, erschüttert fühlen, dass du im Idealfall nur noch auf das vertraust, was der toxische Mensch sagt.

Dieses „Heute so, morgen so“ ist also kein harmloses Verwechseln, sondern eine gezielte Methode, um dich besser unter Kontrolle zu bekommen. Traust du nämlich deiner Wahrnehmung und deinen eigenen Fähigkeiten nicht mehr, bist du sehr leicht zu beeinflussen. Und wendest dich schneller der Person zu, die dir einen ganz stabilen, sicheren Eindruck vermittelt. Das Schlimme daran ist: Du vertraust deinem (falschen) Eindruck, dass der toxische Mensch stabil und verlässlich ist und es nur gut mit dir meint. Aber du vertraust nicht auf deine (korrekte) Wahrnehmung, die dir durch die Verwirrung meldet, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt.

Du solltest also gerade deshalb besonders gut auf die toxischen Warnsignale achten. Denn je besser du dich mit ihnen auskennst, desto besser kannst du sie so frühzeitig erkennen, dass du gar nicht erst auf einen toxischen Menschen hereinfällst.

Aber beachte bitte auch, dass ein einziges Signal nicht automatisch bedeutet, dass jemand toxisch ist. Es gibt viele weitere toxische Warnsignale.

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