Toxische Gedanken: Hätte ich doch bloß mehr getan!

Nach fast jeder Trennung von einem toxischen Menschen bekommt das Opfer irgendwann toxische Gedanken. Einer davon ist: „Hätte ich doch bloß mehr getan!“ Warum ist dieser Gedanke toxisch? Und was kannst du tun, wenn du so denkst?

Toxische Gedanken Fragezeichen © Toxiversum sind Teil des Selbst-Gaslightings Fragezeichen © Toxiversum. Du hast einen toxischen Gedanken, wenn er dich herunterzieht, wenn du dich damit selbst beschimpfst oder wenn du dir Dinge einredest, die dir auch der toxische Mensch einredet oder eingeredet hat.

Toxische Gedanken haben nichts mit der Realität zu tun

Toxische Gedanken haben in aller Regel nichts mit der Realität zu tun. Sie sind ein Produkt dessen, was dir eine andere Person oder mehrere einreden oder lange eingeredet haben. Oder was die Gesellschaft dir suggeriert (z. B. toxische „Schönheits“-Ideale oder toxische „Vorbilder“ in Social Media). Und das ist alles andere als harmlos.

Toxische Gedanken können sein:

  • „Ich bin so dumm!“,
  • „Ich tauge zu gar nichts!“,
  • „Ich kann ja nicht einmal eine:n Partner:in finden!“,
  • „Kein Wunder, dass meine Kinder mich hassen.“
  • „Mir traut ohnehin niemand etwas zu. Zu Recht!“,
  • „Ich bin ja selbst schuld, dass ich die Beförderung/Gehaltserhöhung nicht bekommen habe.“,
  • „Ich bringe immer alles durcheinander. Da ist es wirklich nicht verwunderlich, dass XY es nicht mit mir ausgehalten hat.“,
  • „Ich bin viel zu fett!“,
  • „Ich verdiene es nicht, geliebt zu werden.“
  • und viele weitere.

Solche Gedanken können zerstörerisch sein. Denn es sind meistens Gedanken, die dir genau das einflüstern, was der toxische Mensch dir sagt oder sagen würde, wäre er gerade da. Und es sind meist Gedanken, die du wiederkehrend hast. Selbst lange, nachdem der toxische Mensch aus deinem Leben verschwunden oder sogar gestorben ist. Ganz egal, ob du mittlerweile wirklich selbst davon überzeugt bist oder nicht.

Warum ist „Hätte ich bloß mehr getan!“ ein toxischer Gedanke?

„Hätte ich doch bloß mehr getan“ wird meist mit dem Zusatz gedacht: „…, dann wären wir noch zusammen!“ oder „…, dann hätte ich den Job noch“ (oder das Haus/die Wohnung, die Freundschaft usw.). Doch was stimmt an diesem Gedanken nicht?

„Hättste, wennste, wärste“ funktioniert bei toxischen Menschen grundsätzlich nicht. Denn sie tun, was sie wollen. Egal, wie sehr du dich angestrengt hättest, egal, was du für sie getan und auf dich genommen hättest, egal, wie sehr du dich verändert hättest oder ihnen entgegengekommen wärst – nichts davon wäre je dauerhaft gut genug für sie gewesen. Toxische Menschen finden immer etwas an anderen auszusetzen und sind immer der Ansicht, andere sind schuld. Das hört nie auf. Und es ist völlig unabhängig von dem, was du tust oder nicht tust. Aus diesem Grund wären also alle deine Mühen umsonst gewesen.

Hast du jedoch eine Traumabindung an den toxischen Menschen, dann wirst du trotzdem das Gefühl haben, nicht genug getan zu haben, um vermeintliche Fehler wiedergutzumachen und die Beziehung zwischen euch beiden zu retten. Damit aber drehst du dich gedanklich wieder und wieder in einem Kreis, aus dem es keinen Ausgang gibt. Und du gerätst in einen Strudel, der dich mental immer weiter herunterziehen und dir jede Kraft und Hoffnung nehmen kann.

Was kannst du gegen diesen toxischen Gedanken tun?

Je stärker deine Traumabindung an den betreffenden toxischen Menschen (oder seine Vorgänger) ist, desto schwieriger ist es, toxische Gedanken loszulassen. Weder ist es einfach zu erfahren und einzusehen, dass der toxische Mensch sich nicht (für dich) ändern wird. Noch ist es leicht, die Bindung trotz aller Lügen, Manipulationen und Gewalt los zulassen. Auch wenn es sich in der Theorie immer ziemlich leicht anhört.

Sei deshalb vor allem erst einmal liebevoll und geduldig mit dir selbst. Du bist keine Maschine, es braucht einfach Zeit, um selbst Dinge, die du vielleicht bereits ganz rational verstehst, auch tatsächlich umsetzen zu können. Außerdem wirst du diese toxischen Gedanken vielleicht schon jahrelang haben – die abzustellen geht nicht so schnell.

Tun dir diese toxischen Gedanken gut?

Eine wichtige Hilfe bei diesem Prozess ist jedoch, dass du dir eins klarmachst: Immer, wenn du einen solchen toxischen Gedanken hast, drehen sich deine Gedanken weniger um dich selbst und darum, was dir selbst guttut. Sie drehen sich im Grunde wieder um den toxischen Menschen und seine völlig verqueren, manipulativen Ansichten und Vorwürfe. Du nimmst damit seine Position ein und übernimmst seinen Blick auf dich. Damit gibst du ihm weiterhin sehr viel Macht über dich.

Wir wissen heute, dass wir unser Gegenüber nicht ändern können – wir können nur uns selbst ändern. Fokussiere dich bei solchen Gedanken deshalb vor allem auf dich selbst: Wie geht es dir, wenn du diese Gedanken hast? Tun dir diese Gedanken gut? Was würde dir stattdessen guttun? Kannst du das, was dir jetzt in diesem Moment guttun würde (und das nicht mit dem toxischen Menschen zu tun hat), machen? Falls nicht, kannst du dir etwas anderes Gutes tun?

Solche kleinen Übungen, jedesmal, wenn du dich selbst bei einem toxischen Gedanken erwischst, können schon einiges bewirken. Je öfter du übst, die negativen Gedankengänge, die nicht deine eigenen sind, durch eigene zu ersetzen und durch etwas, das dir nachhaltig guttut, desto leichter kann es dir fallen.

Und mach dir auch immer klar: Hättest du mehr getan, wäre auch das nicht genug gewesen. Es hätte nichts geändert. Denn toxischen Menschen ist auf Dauer nichts genug.

All das ist jedoch kein Ersatz für eine Beratung oder Therapie durch auf Traumata und Persönlichkeitsstörungen spezialisierte Fachleute. Solltest du Unterstützung benötigen, dann zögere bitte nicht, sie dir zu holen (einige Anlaufstellen für solche Fälle findest du hier).

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